4 Familien berichten

Das Kind in den Schlaf begleiten – sinnvoll oder überflüssig?

Etwa eine Stunde verbringen Eltern täglich damit, ihre Kinder zum Schlafen zu bringen. Ob man wirklich dabeibleiben muss, bis sie tief und fest ratzen – darüber gehen die Meinungen auseinander. Unsere Autorin hat vier Familien gefragt, wie sie es mit der Einschlafbegleitung halten.

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Schönes Ritual: Trutz kuschelt mit seinem Sohn Jesse vor dem Einschlafen und singt ihm Gute-Nacht-Lieder vor. 

Trutz (43) mit Jesse (6) aus Hamburg

Abends, wenn die Schlafenszeit kommt, wird zwischen den Eltern ausgelost. Kinder ins Bett bringen oder Wohnzimmer aufräumen? Die Kinder werden auch gefragt: Wer soll euch ins Bett bringen? Risikomanager Trutz (43) hat weniger Spaß am Aufräumen und bringt daher meist beide Söhne ins Bett. Ökotrophologin Sirika (39): "Gelegentlich bringt auch jeder von uns ein Kind ins Bett, aber das ist eher die Ausnahme."

Trutz hat einen festen Ablauf für die Jungs: "Zuerst Schlafanzüge anziehen, Fenster aufmachen, Licht aus und gemütlich hinlegen. Dann machen wir die Augen zu, lassen die Muskeln locker und den Tag Revue passieren. Jeder darf drei Dinge erzählen." Zum Schluss singt Trutz Gute-Nacht-Lieder. Wenn Papa in der Mitte liegt, können die Jungs am besten einschlafen.

Mit Mama am Bett gibt es noch eine Geschichte zum Einschlafen. Die fällt aber hintenüber, wenn es schon zu spät ist. "Oder die Geschichte hört plötzlich auf, wenn ich selbst vor den Kids einschlafe ..."
 

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Die einjährige Marleen lässt sich am liebsten von ihrer Mama Julia ins Bett bringen.

Julia (32) mit Marleen (1) aus Reinfeld (Schleswig-Holstein)

Bevor es ins Bett geht, wird das Badezimmer für Marleen zur Lesehöhle: Wenn die 1,5-Jährige auf dem Töpfchen sitzt, schaut Mama Julia (32, Arzthelferin) noch ein Buch mit ihr an. Nach dem Zähneputzen sagt Marleen Papa Daniel (35, Ingenieur) gute Nacht – das Ins-Bett-Bringen aber ist Mamasache. Im großen Schlafzimmer kuscheln sich Mutter und Tochter ein, während die Spieluhr läuft. "Ich erzähle Marleen, wer auf sie aufpasst im Schlaf, und schmuse mit ihr, bis sie einschläft. Marleen hört zufrieden zu und schläft schnell ein.

Anders ist es, wenn Papa die Kleine ins Bett bringt und ich im Wohnzimmer sitze ..." Dann fordert Marleen lautstark ihre Schlafbegleiterin Julia ein. Wenn Marleen sieht, wie Julia abends weggeht oder gar nicht erst zu Hause ist, klappt es auch mit Papa. Kürzlich hat Marleen ein richtiges Kinderbett in ihrem eigenen Zimmer bekommen. Nach dem Urlaub will die Familie das Einschlafprozedere vom Schlaf- ins Kinderzimmer verlegen. Julia: "Aber natürlich darf sie jederzeit zu uns rüberkommen und den Rest der Nacht bei uns verbringen, wenn sie wach wird."

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Weil es im Bett seiner Tochter Matilda so gemütlich ist, schläft Papa Nicolas häufig beim Zubettbringen mit ein.

Nicolas (42) mit Matilda (5) aus Berlin

Matilda lebt abwechselnd bei Mama Petra (46, Filmproduzentin) und Papa Nicolas (42, Geschäftsführer einer Marketingfirma). Nicolas erzählt: "Früher bin ich in 70 Prozent der Fälle mit eingeschlafen, wenn ich Matilda ins Bett gebracht habe. Weil ich meine Abende so gerne mal wieder für etwas Sinnvolles wie Sport, Klavier spielen, komponieren oder einfach ein Glas Wein trinken nutzen würde, üben wir jetzt das Alleine-Einschlafen. Ich erzähle ihr nach dem Zähneputzen eine selbst erfundene Geschichte. Danach sagen wir gute Nacht, Matilda legt sich hin – und ich gehe raus. Ab und zu klappt das gut, aber manchmal macht sie dann das Licht wieder an und spielt eine Runde. Zum Glück hilft dann meist einfach noch eine zweite Geschichte."

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Die vierjährige Leni schläft selbstständig ein, nachdem ihre Mama Gaby ihr gute Nacht gesagt hat. 

Gaby (41) mit Leni (4) aus Norderstedt

Leni geht meist direkt nach dem Abendessen ins Bett – bei der Vorbereitung für die Schlafenszeit sind sowohl Mama Gaby (41, Karriereberaterin) als auch Papa Søren (48, Bauingenieur) involviert. Gaby erzählt, wie ein typischer Abend bei ihnen in Norderstedt verläuft: "Leni wäscht sich und krabbelt auf ihrem Kinderzimmersessel unter die Decke. Ich lasse Rollos und Gardinen runter, sage meiner Tochter gute Nacht. Wichtig ist Leni, dass kein Oberlicht mehr leuchtet." Von Mama kommt noch die Frage: "Hast du deinen Drink, Leni?" Dann übernimmt Søren mit Quatschmacherei und Liedsingen. Damit es nicht zu langweilig wird, singt eine Handpuppe das Lied. Die Liedtexte variieren, werden nach Lust und Laune umgedichtet.

Leni wandert im Anschluss in ihr Bett und liegt dort umringt von vielen Kuscheltieren. Wenn Søren rausgeht, muss die Tür weit offen bleiben. Leni schläft selbstständig ein. Mit vertrauten, allabendlichen Geräuschen. Gaby: "Ich räume meist die Spülmaschine ein und höre Musik. Falls Leni nicht sofort einschläft, singt sie ihren Tieren vor. Nach uns zu rufen oder rauszukommen ist nicht ihr Stil. Bevor ich selbst schlafen gehe, schaue ich noch einmal nach ihr."

Autorin: Melanie Böge