Tipps vom "Mamsterrad"

Ab wann können Kinder alleine aufräumen – und vor allem wie?

Die Kuscheltiere feiern eine Party auf dem Bett, gefühlte 1000 Bauklötze liegen auf dem Boden verteilt – und der Kaufladen hätte auch mal wieder eine Inventur verdient? Willkommen im Kinderzimmer! Unsere Autorinnen erklären euch, ab wann und vor allem wie die Minis das Aufräumen selbst hinkriegen.

Ab wann Kinder aufräumen können? Wahrscheinlich früher als gedacht.© Foto: Getty Images/Cultura RM Exclusive/Henglein and Steets
Ab wann Kinder aufräumen können? Wahrscheinlich früher als gedacht.

Ihr verbringt den Nachmittag zu Hause und genießt es, mal keine Termine zu haben. Ihr sitzt auf dem Fußboden im Kinderzimmer und baut Landschaften auf. Doch anstatt sich auf ein Spiel einzulassen, hat euer Kind immer wieder neue Ideen, was es gern machen will. "Okay, aber dann lass uns erst alles andere wieder wegräumen."

Irgendwann wird es Zeit fürs Abendessen. Ihr geht in die Küche und bereitet alles vor. Als ihr ins Kinderzimmer kommt, um euer Kind zum Essen zu holen, trifft euch beinahe der Schlag – ausnahmslos alle Spielsachen sind im Zimmer verteilt. Aber aufräumen? Fehlanzeige, darauf hat euer Kind wie immer keine Lust, was es auch laut kundtut. Warum bleibt eigentlich die Aufräumarbeit immer an euch hängen? Das nervt so sehr! Wann lernt euer Kind endlich, dass Aufräumen dazugehört?

Kinder haben kein Gefühl für Ordnung

Kinder haben noch keinen Zugang zur Kompetenz "Ordnung schaffen". Für euer Kind sind seine Spielsachen alle gleich wichtig, es versteht überhaupt nicht, warum es sie wegräumen soll – es ist doch noch gar nicht fertig, damit zu spielen! Und dieses "Fertigwerden" bezieht sich dabei nicht zwingend auf den gleichen Tag, sondern kann im Gefühl eures Kindes auch in der nächsten Woche oder in drei Monaten sein.

Hinzukommt, dass das Aufräumen, also das Verstauen von Dingen in Schränken und Schubladen, Kindern nutzlos erscheint und zudem noch ziemlich langweilig. Und all die schönen Sachen hinter Schranktüren verstecken? Dann kann man sie ja gar nicht mehr sehen! Bemüht sich euer Kind dennoch, beim Aufräumen mitzuhelfen, ist der nächste elterliche Frust vorprogrammiert: Bereits nach kürzester Zeit beginnt es nämlich wieder, mit den Sachen zu spielen, statt sie wie besprochen an ihren Platz zu räumen. Und damit wären wir wieder ein paar Zeilen weiter oben. Denn: Für euer Kind sind seine Spielsachen alle gleich wichtig ...

Erst ungefähr ab dem Grundschulalter sind Kinder in der Lage, die Wichtigkeit von Ordnung und auch Struktur zu erkennen und zu verstehen, warum beziehungsweise wofür diese überhaupt wichtig sein können. Plötzlich müssen nämlich Hefte geführt, die richtigen Bücher eingesteckt und überhaupt Stundenpläne eingehalten werden. Wenn ihr euch nun fragt: Aber im Kindergarten räumt mein Kind schon gut mit auf, habe ich erfahren. Wieso das? Dann sagen wir: Was im Kindergarten zumeist schon gut funktioniert und so selbstverständlich erscheint, ist der Gruppendynamik und den festgelegten und täglich wiederkehrenden Abläufen in der Kita geschuldet.

Idealbild passt nicht in diese Phase

Vermutlich kommen euch Gedanken wie diese bekannt vor: Ach, Mann, kann es denn bei euch nicht ein einziges  Mal ordentlich sein? Warum räumt euer Kind nicht einfach wieder weg, womit es gespielt hat, und warum kann das Spielzeug nicht im Kinderzimmer bleiben, sondern wird immerzu in der ganzen Wohnung verteilt? Seid ihr eigentlich die Einzige, der es wichtig ist, nicht ständig im kompletten Chaos zu versinken?

Euer Bedürfnis nach Ordnung, euer Idealbild von einem gemütlichen, aufgeräumten Zuhause und euer Wunsch, in genau so einem Zuhause zu wohnen, passen häufig noch nicht zu der Entwicklung eures Kindes. Hinzukommt, dass ihr euch für die "Ordnungserziehung" eures Kindes verantwortlich fühlt. Eure innere Stimme raunt euch zu: Wenn ihr ihm immer alles hinterherräumt, wird es nie lernen, wie aufräumen geht! Und das ist noch längst nicht alles: Oftmals habt ihr nämlich das Gefühl, der Löwenanteil im Haushalt läge ohnehin schon bei euch. Ihr seid müde, gefühlt immer alles allein machen zu müssen, und wünscht euch ein bisschen mehr Beteiligung von allen Seiten. Die anderen müssen doch wissen, wie wichtig es euch ist, dass wenigstens ein bisschen Ordnung herrscht.

Unser Buchtipp zum Weiterlesen

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Mutter seid ihr ganz ohne Ausbildung geworden – kein Wunder, dass ihr da manchmal an eure Grenzen geratet und nicht mehr weiterwisst. Da wird plötzlich rumgekeift und dem Kind mit Gute-Nacht-Geschichten-Entzug gedroht – obwohl ihr nie so eine Mutter sein wolltet.

Von "Ich will das nicht anziehen!" über "Mama, noch mehr Schoki!" bis hin zu "Meeeeiiiins!" erklären Judith Möhlenhof und Imke Dohmen in ihrem neuen Buch nicht nur, was hinter diesem Verhalten von Kindern steckt, sondern vor allem auch, warum wir Eltern oft unverhältnismäßig darauf reagieren – und es in Zukunft besser machen können.

"Gemeinsam aus dem Mamsterrad: Wie ihr es schafft, euren stressigen Alltag mit mehr Leichtigkeit" ist überall im Handel erhältlich – und natürlich online.

Aufräumen mit Spaß verknüpfen

Um euer Kind behutsam an das Konstrukt "Ordnung" heranzuführen, ebnet ihm Stück für Stück den Weg dorthin. Zum Beispiel könntet ihr zunächst gemeinsam etwas Spielzeug reduzieren und an einem sicheren Ort verstauen. Weniger ist oft mehr, und wenn ihr die Spielsachen hin und wieder durchtauscht, bleiben sie auch länger spannend. 

Eine gute Idee ist auch, es eurem Kind leicht zu machen, Ordnung zu halten. Große Säcke eignen sich gut für Stofftiere, Kisten, vielleicht sogar mit einem Deckel, für Duplo-Steine oder andere Kleinteile. Verknüpft das Aufräumen mit Spaß: "Wer zuerst alle Kuscheltiere eingesammelt hat!" gestaltet das dröge Aufräumen kurzweilig, ein Lied unterstützt das noch. Das kann übrigens zu einem wunderbaren Ritual werden, auch gelernte und wiederkehrende Verabredungen wie "Immer vor dem Essen" können hilfreich sein. Natürlich dürfen tolle Landschaften auch mal ein paar Tage stehen bleiben.

Freu dich auch über kleine Schritte! Sätze wie "Ich freu mich gerade doll, dass du mitmachst" oder "Ich sehe, dass du das schon weggeräumt hast", bestärken dein Kind und weisen ihm behutsam den Weg, um Ordnung spielerisch und ohne Druck zu lernen.

Tagsüber fünfe gerade sein lassen

Für die Befriedigung eurer Bedürfnisse seid ihr selbst verantwortlich! Ihr allein wisst, was euch wichtig ist, was gerade in euch vorgeht und euch fehlt. Keine anderen Familienmitglieder sind dafür verantwortlich, wenn eins oder mehrere eurer Bedürfnisse auf der Strecke bleiben. Bedürfnisorientierung ist aber keine Einbahnstraße! Ihr könnt nicht immer nur zurückstecken, eure Bedürfnisse müssen auch befriedigt werden. Sorgt also gut für euch selbst! Wenn euch Ordnung wichtig ist, stellt sie her.

Unterschiedliche Bedürfnisse innerhalb der Familie (die ganz natürlich sind) können herausfordernd sein, dürfen aber besprochen werden. Wenn sie zu gegensätzlich sind, findet gemeinsam Kompromisse, mit denen alle Familienmitglieder gut leben können. Wenn euer Bedürfnis nach Ordnung (also nach einem aufgeräumten Zuhause) auf das Selbstbestimmungsbedürfnis eurer Kinder prallt, die Socken genau dort auszuziehen, wo ihnen gerade der Sinn danach steht, könntet ihr versuchen, tagsüber darüber hinwegzusehen und dafür abends, bevor es ins Bett geht, noch eine gemeinsame Socken-Sammelrunde einzulegen.